...wie bei den Buddenbrooks, damals in der Mengstraße, im wunderschönen Lübeck, mit für jene Zeit sehr exotischen Gewürzen: Koriander, Cumin, Chili, Kurkuma, Bockshorn und vieles sonstnoch. Dieses Rezept, ich kann es mir gut vorstellen, wurde in der gutbürgerlichen Kaufmannsfamilie damals für das späte Familien-Mittagessen an dem besagten Donnerstag angewandt. Es war ja eine große Familie (heute würde man "Großfamilie" sagen), mit vielen Kindern, deswegen war der Braten so groß wie meiner... Nämlich immer ein ganzer Schweinenacken, geräuchert und gepökelt. So haltbar gemacht konnte auch ruhig mal was übrig bleiben - daran hatte man dann die ganze Woche noch was. (Das haben die bei mir abgeguckt!)
So, jetzt fang ich an: Den Nacken trocken tupfen und mit dieser Marinade einreiben: In einem Schüsselchen Grafschafter Apfelsirup mit Löwensenf verrühren, mit Koriander, Cumin, Chili, Kurkuma, Bockshorn, Thymian, Oregano, Pfeffer, Selleriesamen und Senfkörnern würzen. Je nach Geschmack etwas Honig dazu und Zitronenabrieb. Mit einer halben Tasse Rapsöl gut zu einer dickflüssigen Emulsion vermengen. Damit einmassiert, den Braten eine Stunde ruhen lassen. Den Ofen auf 150° Umluft einstellen. Petersilienwurzeln und Pastinaken schälen und längs durchschneiden und in die Mitte der Pfanne zu einem Knüppeldamm verteilen. Mit etwas Öl benetzen und dann den Braten drauflegen und in den heißen Ofen schieben.
Klappe zu und die Äpfel in Spalten zurechtschneiden. In das Schüsselchen legen und mit etwas Öl benetzen. Nach einer Stunde die Apfelspalten um das Fleisch in der Pfanne herum verteilen und das Ganze weiterbacken. Jetzt stecke ich ein Fleischthermometer in den Braten und warte bis der Zeiger auf 100° zeigt, ungefähr noch 'ne Stunde. Fertig. 10 Minuten gesetzliche Ruhezeit, dann kann's losgehen: Den Braten herausheben, nicht fallen lassen obwohl er sehr sehr heiß ist, und auf ein Schneidebrett legen. Jetzt zuerst die Kartoffeln abgießen und abdampfen lassen, die passen perfekt zu Kassler. So langsam kann man mit dem Schneiden beginnen, die Scheiben nicht zu dick (wir sind ja nicht reich) und nicht zu dünn (so vornehm sind wir ja auch wieder nicht). Als Beilage gibt es heute die gebackenen Äpfelchen von den Vogelfängerkaten, statt Gemüse. Ich lege sie, zu kleinen Hügeln geformt, auf die Teller und die Scheiben vom Kassler hübsch drangelehnt drumherum. So, gebetet wird heute nicht, denn trotz Freitag essen wir Fleisch, das wäre doch scheinheilig! Dazu passt wieder der kühle rote Malbec aus Mendoza. Aber auch das gute "Achtern Diek" Bier aus dem Dithmarscher Städtchen Marne, malerisch ist es dort. War nur'n Scherz. Aber das Bier von denen schmeckt wirklich!
Einkauf:
Kassler Nacken ohne Knochen
Äpfel
Pastinaken
Petersilienwurzeln
Apfelsirup ("Grafschafter")
Löwensenf
Buddenbrooksches-Gewürz (gibt es in gutsortierten Lübecker Andenkenläden)
Öl
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